Der Erstflug

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Der Erstflug


Es war ein wunderschöner 10.Mai und es sollte ein historischer Tag werden. Alles war über Monate bis ins kleinste Detail geplant worden und sämtliche Offiziere erschienen in ihrer Galauniform zum Dienst.
Captain Sarah Peterson stand auf der Brücke und nahm nun schon vom fünften Senator des Erdrates Glückwünsche entgegen. Immerhin befand man sich in einem Wahljahr und ein Ereignis dieser Größenordnung sorgte für genug Medieninteresse, um sämtliche Politiker aus ihren Löchern zu locken. Peterson konnte das hohle Gelaber des Senators nicht ausstehen, aber als Captain war es nun einmal ihre Pflicht, Hände zu schütteln. Immerhin hatte der Senat großzügige Fördermittel bewilligt und so die Realisierung des Projektes erst möglich gemacht.

Captain Peterson konnte sich noch gut an den Tag erinnern, als ihr Vorgesetzter und Mentor Paul Heston, seines Zeichens Admiral der Erdstreitkräfte, sie mit diesem Kommando beauftragte. Sie konnte es im ersten Moment nicht glauben, dass ausgerechnet sie für diese historische Mission ausgewählt wurde, immerhin handelte es sich bei der UESS Osiris um das erste von Menschenhand gebaute Raumschiff, das sich mit mehrfacher Lichtgeschwindigkeit fortbewegen konnte. Bald würde ihr Name im selben Atemzug mit Neil Armstrong oder Hu Ling genannt werden, hat ihr Paul Heston noch scherzhaft versichert. Bei diesem Gedanken wurde Sarah damals richtig übel. Sie war sich nicht sicher, ob sie dieser Aufgabe wirklich gewachsen war, aber Heston wischte alle Einwände einfach vom Tisch. Er hatte sie ausgewählt, da er sie für den begabtesten Kandidat hielt und kein Mensch mit Verstand würde sich eine solche Chance entgehen lassen. Er sagte das mit einer solchen Bestimmtheit, dass Sarah nicht mehr zu widersprechen wagte.
Nun waren 6 Monate vergangen und Sarah hatte ihre Nervosität noch immer nicht vollkommen überwunden. Aber sie war ein zu guter Captain, um sich ihre Unsicherheit anmerken zu lassen. Schließlich hatte sie die Pflicht, in jeder Situation Ruhe zu bewahren und ihrer Mannschaft eine moralische Stütze zu sein.

Mittlerweile waren es nur mehr noch 20 Minuten bis zum Start. Captain Peterson hatte eben den letzten Politiker abgefertigt und konnte sich nun wieder ihren eigentlichen Aufgaben widmen. Die Startvorbereitungen waren so gut wie abgeschlossen und sämtliche Systeme wurden einer zweiten, noch eingehenderen Überprüfung unterworfen. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf den Verzerrungsantrieb gelegt. Dieses Wunderwerk der Technik wurde in einem eigenen Modul in der Mitte des Raumschiffes installiert. Die Osiris war eigentlich ein umgebautes Forschungsschiff. Um den Antrieb drehten sich ringförmig die anderen Module, um so mit Hilfe der Fliehkraft Schwerkraft zu erzeugen. Ein einfaches aber durchaus wirkungsvolles Prinzip. Es wurde zwar bereits emsig an einen funktionierenden Schwerkraftgenerator gearbeitet, jedoch war dieser noch viel zu groß und unausgereift für einen praktischen Einsatz, außerdem war noch nicht geklärt, inwiefern ein künstliches Schwerkraftfeld den Verzerrungsantrieb beeinflussen könnte.
In jahrelanger intensiver Forschung war es den Wissenschaftlern gelungen diesen Prototyp zu entwickeln, der es ermöglichte eine lokale Raumverzerrung hervorzurufen. Mit diesem Phänomen konnte man die Gesetze der Physik sozusagen austricksen. Es war zwar nach wie vor nicht möglich, schneller als das Licht zu reisen, aber nun konnte man eine Art "Abkürzung" durch den Raum nehmen. Sarah hatte sich das Prinzip zwar von einem befreundeten Wissenschaftler erklären lassen, aber bereits nach wenigen Sätzen konnte sie nicht mehr mithalten. Ihr Bekannter jedoch fand das ganze unheimlich faszinierend. Er erzählte ihr, dass es durchaus im Bereich des Möglichen läge, mit der selben Technik eines Tages stabile Wurmlöcher zu generieren und so beinahe Augenblicklich von einem Ende der Galaxie zum Andern reisen könnte. Aber das war noch Zukunftsmusik, bei der derzeitigen Leistung des Verzerrungsantriebes musste man sich mit maximal 10facher Lichtgeschwindigkeit zufrieden geben.
Sarah Peterson interessierte dieses Detail jedoch nur am Rande. Sie war eben mehr der praktische Typ und ihr reichte es, wenn dieser Antrieb so funktioniert, wie es geplant war. Irgendwie war sie noch nicht ganz davon überzeugt.

Noch 5 Minuten bis zum Start. Seltsamerweise nahm Sarahs Nervosität ab, je näher der Starttermin rückte. Anscheinend fügten sich ihre Nerven ihrem Schicksal. Sämtliche Systeme waren voll funktionsfähig und mittlerweile hatten sie ihre Startposition erreicht. Die UESS Osiris war startklar.

Der Countdown begann bei T-60 Sekunden.
Bei 55 Sekunden wurde der herkömmliche, chemische Antrieb aktiviert und brachte das Schiff auf Kurs. Ein kaum merkbares Zittern ging durch das Schiff, als es langsam beschleunigte.

Noch 40 Sekunden. Captain Sarah Peterson gab die letzen Befehle an ihre Crew durch und der Reaktor wurde entgültig auf volle Leistung gefahren.

Bei T-20 Sekunden hatte das Schiff seine vorläufige Endgeschwindigkeit erreicht und der konventionelle Antrieb wurde abgeschaltet.


Noch 5 Sekunden bis zur Zündung des Prototyps.
Noch 4 Sekunden.
Noch 3...2...1.

"Energie!"

Beinahe augenblicklich begann der Verzerrungsantrieb zu arbeiten und die Verzerrungswellen breiteten sich um das ganze Schiff aus. Peterson fühlte ein unangenehmes Ziehen durch ihren Körper gehen und eine leichte Übelkeit machte sich bei ihr bemerkbar. Auf der Brücke herrschte auf einmal eine Totenstille, jeder hielt den Atem an, nur das gleichmäßige Summen des Antriebs war zu hören. Das Aussichtsfenster wurde in ein unwirkliches Licht gehüllt und ein seltsamer, in allen Farben schillernder Schleier legte sich über die Sterne.

Plötzlich steigerte sich das Summen zu einem schrillen Pfeifen. Sämtliche Warnsignale schrien auf und Sarah wurde unsanft in die Realität zurückgeholt. Eine gewaltige Explosion erschütterte das Schiff und ein ohrenbetäubendes Kreischen hallte durch die Korridore, als die Verstrebungen des Schiffes über Gebühr beansprucht wurden und zu brechen drohten.
Das Verzerrungsfeld des Schiffes löste sich schlagartig auf und die Osiris wurde wieder in den Normalraum zurückgeworfen. Peterson konnte sich nicht mehr in ihrem Sitz halten und wurde mit voller Wucht auf den Boden geschleudert.
Obwohl sie nur für wenige Sekunden die Besinnung verloren hatte, bot sich ihr ein erschreckend verändertes Bild, als sie ihre Augen wieder aufschlug. Das Licht war ausgegangen und die Notbeleuchtung hüllte die Brücke in ein unheimliches, rotes Leuchten. Eine Konsole hatte sich aus ihrer Verankerung gelöst und den unglücklichen Steuermann erschlagen. Als ihr plötzlich Brandgeruch in die Nase stieg, geriet sie für einen Moment in Panik. Feuer war das schlimmste, was auf einem Raumschiff passieren konnte. Sollte die automatische Löschanlage ausgefallen sein, drohte der gesamten Crew binnen Minuten der Erstickungstod. Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter und eine Atemmaske wurde ihr über das Gesicht gezogen.
"Ist mit ihnen alles in Ordnung, Captain?" hörte Peterson die Stimme ihres Ersten Offiziers Jamal. Hinter der Sauerstoffmaske sah sein Gesicht seltsam verschwommen aus. Sie nickte nur und versuchte aufzustehen, was ihr ohne der Hilfe von Jamal jedoch nicht gelang. Zwar hatte sie sich nicht ernsthaft verletzt, aber der Schock saß ihr noch tief in den Knochen.
"Schadensbericht!", hörte sie sich selbst rufen.
"Die Bildschirme sind tot! Der Computerkern muss beschädigt sein!", der zuständige Offizier saß vor seinem Bildschirm und hämmerte hilflos auf die Tastatur ein.
"Löscht endlich das verdammte Feuer", schrie Jamal. Aus dem Augenwinkel sah Captain Peterson ein Crewmitglied mit einem Feuerlöscher in der Hand an sich vorbeihasten, ein anderer beugte sich über einen Verletzen und leistete erste Hilfe. In dieser Situation machte sich die harte Ausbildung der Crew bezahlt, jeder bewies Nervenstärke und wusste, was er zu tun hatte.

Glücklicherweise funktionierte die interne Kommunikationsanlage noch und so trafen nach und nach die Schadensmeldungen ein. Diverse Schiffssysteme waren zwar ausgefallen, aber anscheinend waren die Schäden bei weitem nicht so groß, wie man Anfangs befürchten musste. Es gab zwar vereinzelt kleinere Feuer an Bord, die jedoch zum Glück rasch gelöscht werden konnten, dennoch mussten sich 14 Crewmitglieder wegen einer schweren Rauchgasvergiftung auf der Krankenstation behandeln lassen. Außerdem war die Außenhülle eingerissen, das gesamte 11. Deck wurde automatisch versiegelt um so einen Druckabfall im gesamten Schiff zu verhindern. Glücklicherweise befanden sich auf diesen Deck nur ungenutzte Lagerräume und so kamen keine Menschen zu Schaden. Als weitaus gefährlicher war der Ausfall der Lebenserhaltungssysteme zu bewerten. Zwar hatte sich das Notsystem automatisch eingeschaltet, aber die Aktiv-Kohle-Filter konnten die Atemluft nur notdürftig von den schädlichen Rauchgasen reinigen. Sie würden außerdem nur 2 Tage effektiv arbeiten, das Reparaturteam war jedoch zuversichtlich, dass sie das Hauptsystem innerhalb weniger Stunden wieder reparieren konnten. Alles in allem hatten sie unwahrscheinliches Glück gehabt, dennoch hatte man insgesamt 4 Todesopfer zu beklagen.

Captain Sarah Peterson war gerade auf einen Kontrollgang durch das Schiff, als sie in den Maschinenraum gerufen wurde. Anscheinend war ein Problem aufgetaucht, das ihre persönliche Anwesenheit erforderte. Da die Lifte noch nicht funktionierten, musste sie mehrere Ebenen über die Notleitern nach unten klettern. Als sie den Maschinenraum betrat, bemerkte sie sofort eine seltsame Stimmung unter den Mechanikern. Sie hatten sich um ein Bullauge versammelt und erst als Peterson näher trat, schienen die Techniker sie zu bemerken.
"Ah, Captain!" der Chefingenieur winkte sie zum Fenster, "Das müssen sie sich ansehen!"
Verwirrt trat Peterson zum Bullauge und blickte durch. Von hier aus konnte sie direkt auf das Modul mit dem Verzerrungsantrieb sehen.
"Meine Güte."
"Das hab ich mir auch gesagt, als ich dieses - Ding - das erste mal gesehen hab.", brummte der Mechaniker.

Mitten im Modul steckte ein fremdartig aussehendes Objekt, es war kaum 4 Meter lang und die Oberfläche glänzte in der Sonne. Was immer es auch war, es schien sehr massiv zu sein, zumindest konnte Captain Peterson keinerlei Schäden am Objekt selbst erkennen.
"Was ist das?" fragte sie.
"Wissen wir nicht." lautete die Antwort, "Aber auf einmal war es da."
"Auf einmal?"
"Wie aus dem Nichts!" bekräftigte ein anderer Ingenieur. "Es hat gekracht und plötzlich war es da. Ohne der geringsten Vorwarnung."
Nur mühsam konnte Captain Peterson den Blick von dem Objekt losreissen. Sie blickte die Ingenieure der Reihe nach an und fragte schließlich: "Kann mir das vielleicht jemand erklären?"
Die Männer zuckten nur mit den Schultern. Auch sie waren ratlos.
"Na gut. Was auch immer dieses Ding ist, ich will wissen was es ist, woher es kommt und warum zum Teufel es in meinem Schiff steckt!"

3 Stunden später hatte Captain Peterson ein Meeting anberaumt. Mittlerweile funktionierte das Lebenserhaltungssystem wieder und man konnte ohne Sauerstoffmaske atmen, auch wenn noch ein leichter Brandgeruch zu bemerken war.
In den Gesichtern der 6 Anwesenden machte sich Ratlosigkeit breit, keiner konnte sich auf die vergangenen Ereignisse einen Reim machen. Schließlich betrat Peterson den Raum.
"Bleiben sie sitzen, für diese Förmlichkeiten haben wir keine Zeit." sagte der Captain, während sie zu ihrem Stuhl ging und sich setzte.
"Also, meine Damen und Herren. Was genau ist mit meinem Schiff passiert?"
Schweigen machte sich breit, bis endlich der Chefingenieur das Wort ergriff.
"Nun, sämtliche Systeme haben einwandfrei gearbeitet. Es gab keinerlei Anzeichen für eine Fehlfunktion. Alles war im grünen Bereich." Er machte ein hilflose Geste, es war ihm einfach unbegreiflich, was passiert war.
"Vielleicht hat der Antrieb nicht richtig funktioniert? Immerhin hat er sich einfach abgeschaltet." mutmaßte ein Offizier.
"Kann ich mir nicht vorstellen", widersprach der Techniker, "Alles verlief bestens... bis zur Explosion."
"Aber das beweist doch das Versagen des Antriebs! Er ist immerhin explodiert!", mischte sich Jamal ein.
"Wenn wirklich der Antrieb selbst explodiert wäre, dann hätte es das ganze Schiff zerrissen! Immerhin befindet sich im selben Modul noch der Behälter mit der Anti-Materie. Damit hätten wir das Schiff noch 50 Mal sprengen können." unterbrach ihn der Techniker mit einem abschätzigen Blick. Wenn man von der Materie nichts versteht, dann sollte man sich lieber raushalten, anstatt wilde Vermutungen aufzustellen, war in seinen Augen zu lesen. "Und außerdem, wie wollen sie mit einem einfachen Versagen des Verzerrungsantriebes das Auftauchen dieses - Dings - erklären?"
Der führende Wissenschaftler an Bord räusperte sich kurz.
"Ehm, nun, einer meiner Kollegen hat eine gewagte Theorie entwickelt, allerdings...", er zögerte kurz, anscheinend war er selbst nicht sehr davon überzeugt.
"Nun machen sie schon, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit" fiel ihm Jemal ins Wort,
"Also,... Nun gut. Das ganze ist sehr hypothetisch und natürlich reine Spekulation."
"Aber?"
Der Wissenschaftler funkelte den ersten Offizier böse an und fuhr fort: "Wie ich eben sagen wollte, hat mein Kollege eine gewagte Theorie aufgestellt. Im Prinzip geht es darum, dass der Verzerrungsantrieb eine Krümmung im Raum generiert."
"Das ist uns bekannt, Herr Professor..." Jamal wurde langsam ungeduldig, der Professor lies sich jedoch dadurch nicht mehr beirren.
"Es gibt nun die Theorie, dass man mit der selben Technik auch Wurmlöcher erzeugen könnte. Zwar sind wir davon noch Meilenweit entfernt, aber es könnte immerhin sein..."
"Dass der Antrieb ein bereits bestehendes Wurmloch beeinflusst hat...", vollendete der Chefingenieur den Satz, "Natürlich! Das würde viel erklären..."
"Wollen sie damit sagen, dass wir durch die Raumverzerrung sozusagen ein Wurmloch angezapft und dieses Ding angesaugt haben?", meldete sich Captain Peterson zu Wort
"Nun ja, laienhaft gesagt, schon. Immerhin steckt das fremde Objekt direkt im Verzerrungsantrieb" erwiderte der Wissenschaftler, "Außerdem ist das die Erklärung für das Verschwinden der Anti-Materie. Die Behälter sind nachweislich beschädigt worden, aber es kam zu keiner Explosion, die der zu erwarteten Wucht gerecht wurde. Es ist durchaus denkbar, dass die Antimaterie durch das Wurmloch eingesaugt wurde. Die darauffolgende Explosion konnte uns zwar nicht mehr direkt schaden, allerdings hat sie das Verzerrungsfeld und wohl auch das Wurmloch selbst kollabieren lassen."
"Aber der Antrieb ist gar nicht stark genug um das Raum-Zeit-Gefüge so stark zu beeinflussen um ein Wurmloch anzuzapfen!" warf eine andere Wissenschaftlerin ein "Die Energiemenge, die dazu nötig wäre, ist immens."
Der Professor zuckte mit den Schulten: "Ehrlich gesagt wissen wir noch viel zu wenig über diese Materie. Im Nachhinein gesehen war es eigentlich purer Leichtsinn den Antrieb jetzt schon im Feldversuch zu testen. Aber die Politiker haben darauf gedrängt. Wir befinden uns immerhin in einem Wahljahr, müssen sie wissen..."
Captain Peterson war sprachlos. Man hatte sie mit einem experimentellen Antrieb auf Reisen geschickt, der noch nicht einmal ausreichend getestet wurde.
"Und sie haben davon gewusst?" Jamal war ebenfalls fassungslos, "Sie haben bewusst unser Leben aufs Spiel gesetzt, nur damit sich ein paar Herren bessere Chance bei den kommenden Wahlen ausrechnen können? Ja, sind sie wahnsinnig!" Die letzen Worte hatte er schon geschrien und für einen Moment sah es fast so aus, als würde er gegenüber dem Professor handgreiflich werden.
"Mit solchen Konsequenzen hatten wir doch nicht rechnen können." versuchte sich der Wissenschaftler kleinlaut zu verteidigen. "Immerhin hat sich das Verzerrungsfeld selbst als stabil erwiesen."
In diesem Moment wäre der Erste Offizier gegenüber dem Wissenschaftler tatsächlich handgreiflich geworden, hätte Captain Peterson ihn nicht zurückgehalten.
"Beruhigen sie sich, Jamal!", wies sie den Ersten Offizier zurecht. "Wir haben jetzt wichtigeres zu tun!" Jamal lies sich zwar auf seinen Sessel zurücksinken, machte aber aus seiner Meinung, wem er die Schuld an allem gab, keinen Hehl. Seine Reaktionen waren zwar durchaus verständlich, dennoch musste er eine besser Selbstbeherrschung an den Tag legen, wenn er eines Tages einmal selbst ein Schiff befehligen möchte. Peterson hatte zwar keinerlei Bedenken über die fachlichen Qualifikationen ihres Ersten Offiziers, jedoch hatte ihm seine Unbeherrschtheit bereits die ein oder andere Chance auf einen eigenen Kommandoposten gekostet.
"Nun gut. Über die genauen Umstände des Unfalls können wir uns auch noch Zuhause Gedanken machen. Kommen wir nun zu etwas wichtigerem." setze Peterson fort, " Schaffen wir es überhaupt nach Hause?"
Der Chefingenieur nickte: "Dass sollte kein Problem darstellen. Der konventionelle Antrieb funktioniert eigentlich noch tadellos, allerdings müssen wir den Computerkern wieder hochfahren. Das kann schon einige Stunden dauern."
"Gut!" brummte Peterson, "Wie lange werden wir voraussichtlich für den Rückweg brauchen?"
"Der Verzerrungsantrieb hat zwar nur wenige Minuten gearbeitet, dennoch haben wir ein Wegstrecke von 5 Tagen zurückgelegt. Bis alle notwendigen Reparaturen abgeschlossen sind, brauchen wir aber sicher noch einen zusätzlichen Tag. Aber in allerspätestens einer Woche sollten wir wieder zu Hause sein", antwortete der Techniker zuversichtlich.
"Also gut." ergriff Captain Peterson erneut das Wort, "Dann machen wir uns am Besten wieder an die Arbeit, meine Damen und Herren. Ich werde in der Zwischenzeit das Oberkommando über die aktuelle Lage informieren." Mit diesen Worten standen alle auf und gingen wieder an ihre Arbeit.

Als Captain Peterson über das Auftauchen des außerirdischen Objektes Bericht erstattet hatte, bekam sie sofort den Befehl, keinerlei Informationen nach außen dringen zu lassen. Es überraschte Peterson wenig, als eine Militäreskorte die Osiris auf halben Weg abfing , sie ins Schlepptau nahmen und zu einer Geheimbasis auf dem Mars verfrachteten. Der Vorfall wurde zur Geheimsache erklärt und alle Beteiligten mussten sich zu absolutem Stillschweigen verpflichten. Peterson wusste, dass sie ihrerseits mit keinerlei weitergehenden Informationen über das außerirdische Objekt zu rechnen hatte.
So erfuhr sie aus der Zeitung, dass als offizielle Unfallursache eine Explosion des Verzerrungsantriebs infolge von menschlichem Versagen angegeben wurde. Es ärgerte Sarah, dass man die Sache auf solche Weise vertuschen wollte und als sie den Angehörigen persönlich ihr Beileid ausdrückte, hatte sie sich richtig schlecht gefühlt, da sie sie im selben Atemzug anlügen musste. Zu gern hätte Sarah ihnen die volle Wahrheit über den Unfallhergang erzählt. Es waren Momente wie diese, die ihr den Job beinahe unmöglich machten.
Als ihr wenige Wochen später ein neues Kommando über eine Militärfregatte angeboten wurde, nahm sie es dennoch an. Das Leben musste schließlich weitergehen und so konnte sie sich wenigsten mit Arbeit ablenken.


In der Zwischenzeit wurde die UESS Osiris auf der Marsbasis einer eingehenden Untersuchung unterworfen. Das außerirdische Objekt war dermaßen in das Schiff verkeilt, dass man das gesamte Antriebsmodul auseinander schweißen musste, dennoch wies das Objekt keinerlei erkennbare Beschädigungen auf. Das Material aus dem es bestand, war den Wissenschaftlern völlig unbekannt. Schließlich wurde das Objekt auf eine Forschungsstation auf dem Mond verfrachtet. Hier hoffte man mit besser ausgestatteten Labors, die Geheimnisse des Objektes zu lüften. Tatsächlich sollte es aber noch Jahrzehnte dauern, bis man dem eigentlichen Verwendungszweck auf die Spur kam.
Diese Entdeckungen sollten eines Tages die Galaxie verändern, aber dass ist eine andere Geschichte.


Written by
Cerberus
(i.A. Revorix)